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Freiwilligkeit und Folter

    Autorin: Pani K.

    Freiwilligkeit in der Sexualität bedeutet: Die Zustimmung wird ohne Einfluss von Außen, wie Druck oder Belohnung, aus eigenem Antrieb gegeben und kann jederzeit ohne negative Folgen widerrufen werden. Sind wirtschaftliche oder soziale negative Folgen zu befürchten oder zu erwarten, ist Freiwilligkeit nicht mehr gegeben.
    Die Zustimmung muss vor der Handlung persönlich und ausdrücklich mitgeteilt und zur Kenntnis genommen werden. Sie muss während der Handlung fortbestehen und ist frei widerruflich. Die Zustimmung kann nicht nachträglich erteilt werden. Sie kann sowohl spezifisch (wer macht was und auf welche Weise) als auch bedingt sein (solange bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind, ist die Zustimmung unwirksam).
    Eine Zustimmung ist ungültig wenn:


    • die Person nicht einwilligungsfähig ist (Alkohol, Drogen, Schlaf etc),
    • ein Willensmangel vorliegt (Irrtum, arglistige Täuschung, Bestechung, Sittenwidrigkeit etc),
    • ein Wissensmangel vorliegt (Was wird passieren? Wie wird es passieren? Welche Folgen können eintreten?)
    • eine Notlage ausgenutzt wird (Obdachlosigkeit, Hunger, Geldmangel, Krankheit etc),
    • eine Nötigung vorliegt (Erpressung, Drohung, Einschüchterung etc – den Willen beugende Gewalt),
    • unmittelbarer Zwang vorliegt (Überwältigen, Einsperren, Fixieren, Betäuben etc – den Widerstand brechende Gewalt),
    • unveräußerliche Rechte verletzt sind (Recht auf Leben, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Recht auf Freiheit etc)


    In der Prostitution werden Einwilligungs-Unfähigkeit oder Ausnutzung einer Notlage nicht als ungültige Zustimmung gewertet. Auch das Entgelt wird nicht als beugende Gewalt erkannt und gilt damit nicht als Nötigung. Die Tatsache, dass eine Prostituierte ihre Zustimmung nicht ohne negative Folgen widerrufen kann, wird ebenfalls nicht als Nötigung erachtet. 
    Fürs Protokoll: Freiwilligkeit bedeutet in der nichtkommerziellen Sexualität etwas völlig anderes, als in der kommerziellen Sexualität (Prostitution, Pornographie und andere Formen der sexuellen Ausbeutung). Es wird vom Gesetzgeber mit zweierlei Maß gemessen, je nachdem, ob Sex gratis oder bezahlt stattfindet. Frauen aus der Prostitution sagen: “Prostitution ist bezahlte Vergewaltigung”, das Gesetz spricht dagegen von “sexueller Dienstleistung”. Das Entgelt verwandelt sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in “Dienstleistung” – laut Gesetzgeber ist das absolut legal. Mehr noch: Es gab bereits einige Gerichts-Urteile, wo Prostituierte zu Zahlung der Bußgelder verurteilt wurden, weil Freier mit der “Dienstleistung” unzufrieden waren.

    In aller Klarheit – Freiwilligkeit liegt in der Prostitution nicht vor, denn:


    • Das Entgelt die Zustimmung beeinflusst (Einfluß von Außen, beugende Gewalt)
    • Es ist nicht möglich, die Zustimmung ohne negative Folgen zu widerrufen (beugende oder brechende Gewalt)
    • Die Prostituierte sich ein “Nein” nicht leisten kann – aus Gründen der Existenzsicherung (Zwang oder Notlage)


    Ferner ist die erteilte Einwilligung in Prostitution grundsätzlich ungültig – hier sind unveräußerliche Rechte betroffen. • Prostitution verletzt die Menschenwürde – laut UNO und EU-Parlament. • Prostitution als “bezahlte Vergewaltigung” ist faktisch der Folter gleich, da es sich um systematische Vergewaltigungen handelt, die oft mehrmals täglich über Wochen, Monate und Jahre ertragen werden, und dies mit ausdrücklichem Einverständnis des Staates erfolgt, siehe deutsche Prostitutions-Gesetzgebung. Systematische Vergewaltigungen werden seit langer Zeit als eine extrem wirksame Folter-Methode eingesetzt, sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten, und sind wie auch andere Folter-Methoden durch Antifolter-Konventionen verboten:”Das Verbot der Folter und der grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ist eines der Menschenrechte, die absolut und ohne Ausnahme gelten.” (1)Niemand kann wirksam auf Menschenwürde verzichten oder in Folter einwilligen. 
    Die Bundesrepublik Deutschland sieht es allerdings anders, hier ist Folter staatlich legalisiert und wird ordentlich verwaltet, besteuert und sogar subventioniert mit Corona-Hilfen für Bordelle. Hier wird Folter in Gewerbe und Arbeit umbenannt, die Menschen-Rechte sind lediglich eine Frage des individuellen Verhandlungs-Geschicks der Einzelnen.  
    Das System der sexuellen Ausbeutung wird als unabänderlich dargestellt – Deutschland hält daran fest. Alle Bemühungen und Fortschritte der Nachbar-Länder in der Abschaffung der Prostitution werden hier ignoriert oder geleugnet. Einfache Lösungen gäbe es leider nicht… Das stimmt, dafür gibt es systemische Lösungen! Prostitution ist nur mit einem systemischen Ansatz abzuschaffen. Und genau das bietet das Schwedische Modell an:

    • Entkriminalisierung, Hilfe und Unterstützung für Menschen in der Prostitution
    • Gesellschaftliche Aufklärung und antisexistische Erziehung• Verbot jeglicher Profite aus Prostitution Dritter
    • Bekämpfung der Nachfrage durch Bestrafung der Freier

    Ein Sex-Kauf-Verbot allein reicht nicht aus, um das System der Prostitution abzuschaffen. Insbesondere weil Polizisten oft selbst Freier sind oder sich weigern, andere Freier zu verfolgen. Sie haben die gleichen Vorurteile gegenüber Menschen in der Prostitution, wie die Freier, die das Stigma erschaffen und aufrechterhalten. Polizeiliche Kontrollen sind nur dann möglich und effektiv, wenn die Bekämfung der Nachfrage in ihrer Wichtigkeit verstanden und ernst betrieben wird, neben anderen Punkten.
    Die Freier können nicht komplett im Untergrung agieren, weil sie die Prostituierten erreichen müssen, meistens über Anzeigen oder andere Wege, die sichtbar bleiben und verfolgt werden können. An sich ist Untergrung auch kein Hindernis für erfolgreiche Ermittlungsverfahren, wenn objektive Tatbestände ausreichen – zum Beispiel bei Drogen-Handel oder illegaler Pornografie. Genau das bietet das Schwedische Modell – es setzt auf objektive Tatbestände statt Zeugenaussagen, es folgt dem Geld und findet die Täter. Die Polizei muss dazu bereit sein, genauso wie andere staatliche Institutionen. 
    Hilfe für Prostituierte muss mehr als vollständige Entkriminalisierung und akzeptable Existenz-Sicherung beinhalten. Sie muss auch das systematische, kommerzialisierte, langanhaltende und normalisierte Leiden in der Prostitution als Folter und grausame Behandlung anerkennen. Es ist angemessen, auf Verfahren zu setzten, die speziell für Folter-Opfer erarbeitet wurden.

    Die Abschaffung des Systems der Prostitution und sexueller Ausbeutung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, hier sind alle gefragt: Sozialdienste und Therapeuten, Polizei und Gerichte, Pädagogen, Medien und Bevölkerung insgesamt.In Schweden sagen bereits mehr als 70% der männlichen Jugendlichen, dass sie Prostitution ablehnen. Das zeigt, dass Umdenken, Prävention und gesellschaftlicher Wandel erreicht werden können. Ohne das Geld der Freier kann das System der Prostitution nicht existieren und wird unweigerlich zusammenbrechen. In Schweden, Norwegen, Island, Irland, Nordirland, Frankreich und Israel kann man bereits sehen, dass es keine Träumerei ist. 
    Eine Welt frei von Prostitution und sexueller Ausbeutung ist möglich.

    (C) Pani K.


    (1) https://www.amnesty.ch/de/themen/folter/zahlen-fakten-und-hintergruende/was-ist-folter

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