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Forderungen des Netzwerks Ella

    1. Aktuelle Forderungen in Bezug auf Corona-Pandemie: 


      1.1. Prostitution wird nicht bestraft. Bussgelder und Sperrbezirks-Verordnungen für Prostituiere werden ausgesetzt.  

    1.2. Sexkauf wird untersagt. Freier, auch “Empfänger der körpernahen Dienstleistungen” genannt, werden mit Bussgeld ab 1000 Euro bestraft und unter Quarantäne gestellt.  

    1.3. Frauen in der Prostitution werden als Risiko-Gruppe aufgefasst. Corona-Tests und andere medizinische Hilfen werden ihnen kostenlos angeboten.  

    1.4. Es werden Unterbringungs-Möglichkeiten geschaffen: Hotels, Ferienwohnungen und andere Optionen. Als Notunterkünfte können in Ausnahmefällen auch Prostitutions-Stätten genutzt werden, sofern sichergestellt werden kann, dass Freier und Zuhälter keinen Zutritt bekommen.  

    1.5. Notgeld und andere finanzielle Hilfen für Prostituierte werden gewährt, auch Fahrkarten für die Heimreise, falls erwünscht. Müttern in der Prostitution wird ausserdem finanzielle Hilfe für Versorgung ihrer Kinder angeboten.  

    1.6. Hilfe und Unterstützung bei drohender oder erlittener Gewalt, Bestrafung, Erpressung oder Zwang.  

    1.7. Hilfsangebote bei Substanz-Missbrauch und entsprechende Prävention. Hilfe bei Suizidalität und psychischen Problemen.  

    1.8. Geeignetes und geschultes Personal, möglichst keine männlichen Fachkräfte im Kontakt mit Frauen. Keine “Freier in Uniform” – Gefahr der Retraumatisierung und Reviktimisierung!  

    1.9. Gewaltfreie und konstruktive Kommunikation, Akzeptanz und Solidarität für Prostituierte. Klare Ablehnung und Kritik des Sexkaufs, der Zuhälterei und des Profits aus der Prostitution Anderer (wie Betreiber, Vermieter) sowie der Sexindusrie insgesamt. Keine Verharmlosung der Ausbeutung und Inhumanität in der Prostitution.  

    1.10. Frauen, die sich aufgrund illegaler Prostitution oder Prostitution im Sperrbezirk in Haft befinden, werden amnestiert und freigelassen. Bereits verhängte Bussgelder werden erlassen. 

    2. Grundsätzliche Forderungen: 


    Ausgehend von der Überzeugung, dass: 

    A. Prostitution mit Menschenwürde nicht vereinbar ist; 

    B. Prostitution insbesondere Frauen und Mädchen betrifft und mit Gleichstellung der Geschlechter nicht vereinbar ist; 

    C. Sexkauf eine Form der sexuellen Gewalt ist, eine Vergewaltigung gegen Entgelt und eine schwere Verletzung der Menschenrechte darstellt; 

    D. Nachfrage nach Sexkauf sowohl die Prostitution, als auch alle Formen des Sexhandels, der Pornographie und der sexuellen Ausbeutung verursacht; 

    E. Sexhandel eine moderne Form der Sklaverei ist und eine schwere Verletzung der Menschenrechte darstellt; Fordern wir, das Netzwerk Ella, als Überlebende der Prostitution, der sexuellen Ausbeutung, der Zwangsprostitution oder des Menschenhandels: 


    2.1. Unterstützung und Begleitung für Menschen in der Prostitution oder Pornographie und danach. Der Paragraph 184f StGB wird abgeschafft: “Ausübung der verbotenen Prostitution: Wer einem durch Rechtsverordnung erlassenen Verbot, der Prostitution an bestimmten Orten überhaupt oder zu bestimmten Tageszeiten nachzugehen, beharrlich zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.” Solche Gesetze sind frauenfeindlich und inhuman; Vollständige Entkriminalisierung bei Ausübung der Prostitution, keine Besteuerung der Einnahmen durch eigene Prostitution; Anerkennung als Opfer der Gewalt; Asylrecht für Opfer der sexuellen Ausbeutung und Prostitution; Existenzsicherung, Sprachkurse, Weiterbildung und Angebote für berufliche Alternativen; Mitgefühl und Akzeptanz für Menschen in der Prostitution bei strikter Ablehnung des Sexkaufs. Keine Verharmlosung der Ausbeutung und Inhumanität in der Prostitution; Medizinische und soziale Angebote, wie Traumatherapie, Drogenentzug, Erziehungshilfe, Schutzwohnungen etc.; Geeignetes und geschultes Personal, keine “Freier in Uniform”, genügend weibliche Fachkräfte; Information und Hilfe für betroffene Familienmitglieder der Menschen in der Prostitution, insbesondere für ihre Kinder. 


    2.2. Bekämpfung der Nachfrage nach Sexkauf und Pornographie. Einwilligung in sexuelle Handlungen gegen Entgelt muss als ungültig gelten, analog der ungültigen Einwilligung unter Einfluss von Alkohol oder Drogen. Da das Entgelt die freie Willensbildung beeinflusst, ist das beugende Gewalt und Sexkauf ist damit sexuelle Nötigung. Die aktuelle Gesetzgebung lässt das unberücksichtigt und muss daher geändert werden!Konsequente und harte Bestrafung der Freier, auch bei Sexkauf im Ausland oder bei Nachfrage nach Sexdiensten, bereits beim Anbieten des Entgelts; Konsequente und harte Bestrafung der Konsumenten pornographscher Inhalte mit realen Menschen in Bildform;Therapieangebote für sexsüchtige Freier sowie bei Porno-Sucht. Informationen und Hilfe für betroffene Familienmitglieder der Freier und Porno-Konsumenten;Verbindliche ethische Richtlinien, die Sexkauf und Konsum der Pornographie explizit untersagen, für alle Mitarbeiter der staatlichen Behörden, insbesondere bei der Polizei, Justiz, Politik, Bildung, Medizin, Pflege und Sozialdiensten. 


    2.3. Bekämpfung des Sexhandels und Pornoindustrie. Konsequente und harte Bestrafung der Zuhälter, Händler, Betreiber, Vermittler, Zeitungen, Internetseiten, Werbeagenturen und aller sonstigen Akteure, die von Prostitution Anderer profitieren; Konsequente und harte Bestrafung der Hersteller und Vertreiber pornografischer Inhalte mit realen Menschen in Bildform, ausgenommen Sex-Darsteller. Intensive internationale diplomatische und polizeiliche Zusammenarbeit und Austausch mit anderen Ländern, die Sexkauf und Pornographie nach dem Gleichstellungs-Modell bzw. nach dem Nordischen Modell bestrafen. 


    2.4. Prävention und Aufklärung in der Gesellschaft. Aufklärung und Prävention in der Öffentlichkeit, Medien und Bildungswesen, insbesondere bei Jugendlichen, als Zielgruppe der Sexindustrie. Hilfsangebote und Unterstützung, vor allem für gefährdete Jugendliche und deren Eltern;Informationen und Aufklärung über Ursachen und Zusammenhänge zwischen Prostitution und Gewalt, Menschenhandel, Pornographie, Armut, Rassismus, Sklaverei, Sexismus und Frauenhass;Aufklärungskampagne über freie und einvernehmliche Sexualität, sexuellen Konsens und sexuelle Selbstbestimmung;Überlebende der Prostitution und sexuellen Ausbeutung als Experten und Berater bei allen Maßnahmen hinzuziehen und einbinden.

    26. September 2020, Bonn 
    © Pani K. für das Netzwerk Ella

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