Alle Artikel mit dem Schlagwort: Prostituierte

Ellas erklären, warum Freier Arschlöcher sind. Eine Serie über die Erfahrung in der Prostitution. Teil 1: Sophie

Autorin: Sophie // Warum sind Freier Arschlöcher? Vor kurzem hat Huschke Mau einen Auszug aus ihrem Text über Freier gepostet. Am selben Tag beim Einkaufen habe ich mir unabhängig davon Gedanken über Freier gemacht. Es ging mir nahe, dass sich Freier in der Facebookgruppe des Frankfurter Bahnhofsviertels darüber austauschen, wann sie wieder zu Prostituierten gehen werden und wie sie diese benutzen möchten. Diese Konversation erinnerte mich an meine eigene Zeit im Bahnhofsviertel und daran, dass es auch im Escort nicht wirklich besser war. Aus diesem Grund dachte ich mir, dass wir Frauen vom Netzwerk Ella ja zusammen einen Text oder mehrere erstellen könnten, in dem verschiedene Frauen von ihren Erfahrungen berichten, die sie mit Freiern gemacht haben. Und damit meine ich nicht nur die Horrorerlebnisse. Denn auch die Freier, die einen vermeintlich „gut“ behandeln, sind misogyne Wichser. Weshalb das so ist, wird deutlich, wenn man das Erzählte der politischen Analyse unterzieht. Dieser Bericht ist nun von mir, Sophie. Ich war von meinem 14.-22. Lebensjahr in der Prostitution. Anfangs prostituierte ich mich noch nicht in Vollzeit, …

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Solidarität mit wem?

Autorin: Mimi // Die Polizei und Behörden sollen für prostituierte Frauen die erste Anlaufstelle sein- ob bei Problemen oder Beratungsansprüchen, der deutsche Staat garantiert den Frauen Schutz und Informationen. Soweit so gut. Wir als prostituierte Frauen, dass das nur bedingt der Wahrheit entspricht: Repressalien der Behörden sind an der Tagesordnung, der unterschwellige Generalverdacht zeigt sich bei fast jeder Kontrolle durch Finanzamt oder Polizei, ein leicht angewidertes Gesicht ist beim Betreten der Etablissements keine Seltenheit. Wir vom Netzwerk Ella kennen uns gut aus mit behördlichen Auflagen und Bestimmungen und jeder, der in der Bundesrepublik lebt, weiß wie groß bürokratische Hürden sein können. Wie schwer es ist, einen Brief vom Amt zu verstehen, wie schwer es ist, seine Rechte zu kennen, alles zu durchblicken und zur rechten Zeit richtig zu reagieren. Eine Vielzahl von Gesetzen ermöglicht oft kein spontanes Handeln- man braucht einen gewissen Durchblick. In anderen Ländern ist die Polizei ganz anders drauf: Korruption und Seilschaften geben sich die Klinke in die Hand. Auch die Bewohner der jeweiligen Länder haben Kenntnis darüber, und kooperieren aus Angst …

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Corona & Prostitution

Autorin: Huschke Mau Ihr Lieben, als Exprostituierte möchte ich heute dringend etwas sagen. Weil andere Frauen in der Prostitution es gerade nicht können. Die haben nämlich gerade mit was anderem zu tun… Mit Überleben. Corona hat unser Sozialleben aktuell fest im Griff, und ich begrüsse alle Massnahmen der Regierung und der Länder, die getroffen worden sind (wenn auch sehr spät), und hoffe, ihr seid alle schön vernünftig und isoliert euch, soweit es geht, um Ältere, Menschen mit Immunschwäche, Krebs, anderen Vorerkrankungen usw. nicht zu gefährden. Es gilt jetzt, solidarisch zu sein, solidarisch vor allem mit vulnerablen Gruppen. Und genau darüber möchte ich jetzt sprechen. Denn Frauen in der Prostitution, und zu diesen gehöre ja auch ich, sind auch eine vulnerable Gruppe, und die Frage ist, welche Massnahmen jetzt im Hinblick auf diese Gruppe als solidarisch gelten können. Die Stadt Stuttgart hat Prostitution gerade wegen des Coronavirus VERBOTEN, und bevor ihr jubelt: das ist eine Katastrophe. Ich erkläre, warum: Die Prostitutionslandschaft in Stuttgart besteht, wie fast überall, zu 80 bis 90% Zwangs- und Armutsprostituierten aus Südosteuropa. …

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Warum es mich verletzt, wenn Allies gegen Prostituierte, die von der Prostitution Anderer profitieren, wettern und gehässig werden…

Autorin: Sabrina // In letzter Zeit wurde ich in sozialen Netzwerken mit dem Prostituiertenhass aus den eigenen Reihen konfrontiert. Verbündete im Kampf für das Nordische Modell zogen über bekannte Prostituierte her, die öffentlich ihre Branche verteidigen. Die, die eigene Bordelle oder Escortagenturen führen, wurden mit MenschenhändlerInnen in einen Topf gesteckt und öffentlich geächtet. Ihnen wurden hohe Strafen gewünscht und ich konnte kaum fassen, dass ich solche Gemeinheiten in meinem „safe space“, also meinen abolitionistischen Verbündetengruppen zu lesen bekomme. Weil ich nun aber nicht allen unterstellen will, dass sie prostituierte Frauen hassen, gehe ich davon aus, dass sie wegen ihrer andersartigen Lebensrealität das System Prostitution vielleicht nicht ganz erfassen und verstehen können. Wie konservative ProstitutionsgegnerInnen tendieren sie vielleicht ein wenig zur Einteilung der Frauen in „Heilige und Huren“. Die Heiligen sind für sie die armen Zwangsprostituierten, die von Menschenhändlern verschleppt und misshandelt und eingesperrt worden sind und wirklich ABSOLUT nicht mehr handlungsfähig sind und keine Möglichkeit haben, aus der Prostitution auszusteigen. Dem, was ich den Kommentaren so entnommen habe, beginnt man eine Hure zu sein dann, …

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Wie Freier prostituierte Frauen ansprechen, um ins Geschäft zu kommen

Autorin: Anthonia //   Während ihrer Tätigkeit als Escort traf unsere Mitfrau und Aussteigerin Anthonia die  Freier in der Regel in 4- oder 5-Sterne-Hotels.  Ihre Zielgruppe waren gut situierte Geschäftsmänner, eine Zielgruppe, die sie in der Hoffnung auf einen respektvollen Umgang anvisiert hatte. Den Prozess der Kontaktaufnahme beschreibt sie folgendermaßen: „Auch wenn es in erster Linie die körperliche Nähe zu und die unliebsamen Wünsche von  fremden Männern  waren, die mich traumatisierten, so waren bereits die im Vorfeld notwendigen Email-Kontaktaufnahmen zu vielen der Freiern verbale Vergewaltigungen oder Beleidigungen. Stets musste ich mich mühselig durch viele demütigende und mit abstoßenden Details gespickte Zuschriften durcharbeiten, die ich als Antwort auf meine  Anzeige erhalten hatte. Der Inhalt dieser Emails traf mich bis ins Mark, so dass ich während dieses Vorgangs  bereits dissoziierte.“ Anthonia hat sich entschlossen, uns einige dieser Zuschriften  für eine anonymisierte Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen.  Denn sie reflektieren, welches Frauenbild Freier haben und geben Aufschluss über die Natur von Prostitution und Freiern. Sie zeigen,  was und wen Betroffene tagtäglich über sich ergehen lassen müssen. Bei diesen …

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Prostitution als “Schauspiel”

Autorin: Anthonia //   Wenn die Tätigkeit Prostitution von Befürworter*innen derselben in der Öffentlichkeit dargestellt wird, wird sehr häufig der Vergleich zwischen Prostitution und  professioneller Schauspielerei erklärend hinzugezogen. Die Frage, wie eine Frau/ein Mensch den sexuellen Kontakt mit so vielen wechselnden Partnern bewältigt, wird damit beantwortet, dass im Umgang mit Freiern ja nur eine Illusion hergestellt werde,  die Frau schlüpfe dabei gekonnt in verschiedene Rollen und spiele mit Identitäten. Dadurch entsteht der Eindruck, es handele sich dabei demnach  “lediglich” um Schauspielerei, und die eigene Sexualität und Seele bliebe durch die dadurch hergestellte Distanz somit unberührt.  Diese Vergleiche lassen Prostitution irgendwie harmlos, gar interessant erscheinen. “Ach so, ist ja nur Schauspielerei, und Schauspielerei ist ja eine Kunst, das ist ja dann nicht so schlimm für die Prostituierte, ist doch toll und kreativ, das macht bestimmt Spaß”,  kann man(n) daraus schlussfolgern … Deshalb möchte ich nun mit diesem Mythos aufräumen. Während meiner Zeit als Prostituierte war mein gesamter “Auftritt” während des Treffens mit einem Freier zwar meist gespielt, dieser Akt war aber  nicht mit der wundervollen Tätigkeit …

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stream of consciousness // DONA CARMEN und was sonst so schiefläuft

Autorin: Sophie // Disclaimer: Netzwerk Ella besteht aus Frauen, die in der Prostitution waren oder noch sind. Bei uns ist weltanschaulich und religiös vieles vertreten – Atheistinnen, Sozialistinnen, Kommunistinnen, aber auch Christinnen. Wir verstehen uns als unabhängige Interessenvertretung für Frauen aus und in der Prostitution. Einzelmeinungen über Glauben, Politik usw. abseits der Abolition geben nicht die Meinung der ganzen Gruppe wider, weil wir dahingehend bunt gemischt sind. Uns eint das Ziel der Abschaffung der Prostitution.   Feminismus ist, wie ich bereits festegestellt habe, ein schwer definierbarer Begriff. Auf einem meiner T-shirts steht “Feminism – the radical notion that women are people”. Für mich bedeutet das, dass Frauen Menschenrechte verdienen. Für alle Menschen soll es also dieselben Rechte geben. Dazu gehört auch das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Dieses ist sogar durch den allerersten Artikel unseres Grundgesetzes geschützt: “GG Art 1 §§ (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” Das klingt toll und wird in Deutschland wahrscheinlich auch besser umgesetzt, als beispielsweise in der dritten …

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Vom Umgang mit (ehemals) prostituierten Frauen

Autorin: Susan // Die emotional aufgeladene Debatte über Prostitution in Deutschland und die aus dem Juli 2017 stammende Gesetzesnovelle schlägt in der Medienlandschaft hohe Wellen. Dies hat nicht selten zur Folge, dass im Fernsehen, Radio oder bei Vorträgen und Tagungen Menschen eingeladen werden, die im engeren und weiteren Sinne mit Prostitution zu tun haben. Hierbei handelt es sich oft um PolitikerInnen, SozialarbeiterInnen, ZuhälterInnen und andere Profiteure der Sexbranche. Auch gibt es öfter den Wunsch, ehemalige prostituierte Frauen einzuladen und mit Ihnen zu sprechen, ihre Stimme zu hören. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, sind es doch genau diese Frauen, die aus dem Leben in der Prostitution berichten können. Sie sind Überlebende und Expertinnen und somit für diese Debatte unverzichtbar. Leider ist der Umgang mit ehemaligen prostituierten Frauen nicht immer so, wie es dem Umstand gerecht würde. Frauen, welche die Sexbranche lebend verlassen haben, ausgestiegen sind aus einem System, das viele Opfer fordert und niemanden unbeschadet zurücklässt, haben im bürgerlichen Leben oft Probleme. Sie sind auf Therapien angewiesen, leben an der Armutsgrenze und sind oft mehrfach traumatisiert. Die …

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Die arme und die nicht arme Prostituierte

Autorin: Edda // Oder: Die Zwangsprostituierte und die “freiwillige” Prostituierte Oder: What the fuck Zwei Dinge kamen in Diskussionen um Prostitution neuerdings immer wieder auf. Es gehe nicht um die “weiße, freiwillige deutsche Prostituierte, die sich nebenbei ein Taschengeld verdient”, sondern um Zwangsprostituierte und Frauen, die sich aus Notlagen heraus prostituieren. Die Forderung, bis wir das Nordische Modell durchgesetzt hätten, müssten wir auf die straffe Umsetzung des ProstSchG pochen, denn dies sei wenigstens etwas und besser als nichts. Dazu habe ich als ehemals prostituierte Frau Folgendes zu sagen: Ich möchte Prostitution abschaffen. Und will sie keiner einzigen Frau zumuten. Ich wiederhole: keiner. Auch nicht der “Freiwilligen” oder der, die sagt, sie habe ein Recht dazu, sie wolle das so, auch nicht der weißen deutschen Studentin, die sich damit ihr Studium finanziert. Weil es keinen Unterschied macht. „Ja, aber die weiße deutsche “freiwillige” Prostituierte …“ Ja, was aber? Selbstverständlich respektiere ich die Frau, die das sagt und ihre “Entscheidung”. Aber ich spiele das damit verbundene Leid nicht herunter – auch wenn sie es gegenwärtig noch anders …

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