Feministischer Verrat
Autorin: Ljubow Kollontai Es gab mal eine Zeit, da wussten Feministinnen, dass Prostitution nichts mit Gleichberechtigung zu tun hat. Dies hieß selbstverständlich nicht, dass man Prostituierte zu verachten hatte, sondern, dass die Institution der Prostitution an sich nicht mit den Idealen der Frauenbefreiung zu vereinbaren war. Denn: Es hat weder mit Befreiung noch mit Gleichberechtigung zu tun, Männern und ihren Orgasmen unter Zuhilfenahme von Frauenkörpern zu Diensten zu sein. Und jene Männer, die auf ihr Recht auf Prostitution pochen haben eines nicht verstanden: Sie verbauen sich selbst die Chance, für eine wirklich sexuell befreite Gesellschaft einzustehen – eine Gesellschaft, in der Sex dann stattfindet, wenn alle Beteiligten ihn hundertprozentig wollen und genießen. Und so ist irgendwann etwas Seltsames geschehen: Innerhalb von wenigen Jahrzehnten hat uns das Patriarchat davon überzeugt, dass Prostitution ein Job wie jeder andere ist und feministisches Empowerment darstellt. Der Stunt war genial: Kritik an der Prostitution selbst ist jetzt frauenfeindlich, denn Frauen hätten ja das Recht dazu, ihren Körper Männern zur Verfügung zu stellen! Durch Talkshows werden reihenweise glückliche Prostituierte gereicht. Was …
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