Alle Artikel mit dem Schlagwort: Nordisches Modell

Die Basics – Teil 6

Viele Wege führen in die Prostitution. Mit Aufkommen von Angeboten wie Online Coachings „für eine erfolgreiche Karriere auf OnlyFans!“ werden in Zukunft sicherlich weitere Wege erschlossen werden. Was für eine „Errungenschaft“ unserer Gesellschaft… Und es gibt wirklich viele Wege. Der Hauptweg, quasi die Achterbahn ins Milieu, ist sexueller Missbrauch in der Kindheit. Zusätzlich gibt es unzählige Seiten- und Landstraßen, zum Beispiel andere Kindheitstraumata, Gewalterfahrungen oder Armut. Nicht zu vergessen natürlich: Zwangsprostitution verschiedenster Art (Menschenhandel kennt übrigens weder Landes- noch Altersgrenzen). Einmal in der Prostitution angekommen, wird der eigene Körper zur Ware. Männer bezahlen und erhalten den Zugriff auf dich und deinen Körper. Wie wir gesehen haben, glauben knapp 40% der Freier, deinen Körper völlig uneingeschränkt benutzen zu „dürfen“. Und nur wenige Prozentpunkte weniger, dass Vergewaltigung kein Konzept ist, das auf dich zutrifft. „Ich hab dich nicht vergewaltigt, du bist doch nur ne Nutte“ ist ein Satz, den so oder so ähnlich sicher schon viele Prostituierte gehört haben. Wenn du Glück hast, hört dein Körper schnell auf, mitzumachen. Du spürst kaum noch etwas, dein Kopf fühlt …

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Die Basics, Teil 5

Heute schauen wir uns die Seite der Freier an. Keine Argumentation, nur Fakten. Auszüge Untersuchung 1:Männer in Deutschland, die für Sex zahlen – und was sie uns über das Scheitern der legalen Prostitution beibringen: ein Bericht über das Sexgewerbe in 6 Ländern aus der Perspektive der gesellschaftlich unsichtbaren Freier Zusammenfassung Methode: Umfrage, 763 Sexkäufer insgesamt, davon 96 aus Deutschland; anonyme Interviews; qualitative und quantitative Daten Zitate von befragten Freiern: – „In Deutschland sind die Gesetze nicht so wirksam; man kann fast alles machen, was man will. Es sieht aus, als hätte alles seine Ordnung, aber das sind nur Worte.“ -„Sie war gezwungen. Ich konnte es an ihrem Verhalten sehen: sie hatte keinen Willen. Sie war da wie eine Sexmaschine. Ich hatte trotzdem mit ihr Sex weil ich dafür bezahlt habe.“ -„Die Prostituierte steht unter der Fuchtel des Zuhälters. Sie ist sein Eigentum.“ Umfrageergebnisse, spezifisch Deutschland: – 55% gaben zu, einen Zuhälter oder Menschenhändler beobachtet oder bezahlt zu haben; 62% haben Menschenhandel vermutet; nur 1% haben Menschenhandel den Behörden gemeldet. – 35% der befragten deutschen Freier …

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Die Basics, Teil 4

In Teil 2 haben wir darüber gesprochen, wie Sprache Debatten verzerren kann. Als Beispiel haben wir die Begriffe „Zuhälter“ und „Bordellbetreibender“ gegenübergestellt. Hier nochmal zur Erinnerung: Als „Bordellbetreibenden“ kann ich mir den freundlichen Nachbarn Peter vorstellen, der mehr oder weniger selbstständigen Frauen Räumlichkeiten bietet, damit diese ihrer Tätigkeit nachgehen können. Wenn ich über Missstände nachdenke, frage ich mich, ob Peter die Räumlichkeiten in Ordnung hält und vielleicht ab und zu auch mit den Frauen spricht. Denke ich an den „Zuhälter“ Peter, habe ich ein ganz anderes Bild. Der „Zuhälter“ Peter heißt wahrscheinlich gar nicht Peter, das ist nur ein Pseudonym. Von diesem Peter erwarte ich unechten Charme, um Frauen um den Finger zu wickeln, und dann Gewaltbereitschaft, um sie gefügig zu halten, sobald sie einmal für ihn arbeiten. Emotionale Kälte, sich jederzeit zu „nehmen was ihm gehört“. Wenn ich über Missstände nachdenke, denke ich an Ausbeutung, an Manipulation und Gewalt und Vergewaltigung, an Menschenhandel, Zwangsprostitution und an Minderjährige, denen Peter sagt, sie sollen behaupten sie seien 18. Außer bei manchen Kunden, denen sie ihr wahres …

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Die Basics, Teil 2

Sprache ist etwas Merkwürdiges. Sie hilft uns, Dinge klar zu benennen, Konzepte abzugrenzen und eine gemeinsame Diskussionsbasis zu finden. Richtig eingesetzt, kann sie Brücken schlagen selbst zwischen den abgelegensten, voneinander entferntesten Positionen. Aber sie kann auch das Gegenteil erreichen. Wenn Sprache zu reinen rhetorischen Kampfmitteln verkümmert und Argumente vorrangig dazu aufgeführt werden, um inhaltsleere Worte anstelle der eigentlichen Debatte mit Bedeutung zu füllen. Ad absurdum geführt wird es dann, wenn wir uns nur noch unterschiedliche Begrifflichkeiten entgegenschreien – die eine ruft „Es heißt Bordellbetreibende!“ die andere „Das sind aber Zuhälter!“. Als „Bordellbetreibenden“ kann ich mir den freundlichen Nachbarn Peter vorstellen, der mehr oder weniger selbstständigen Frauen Räumlichkeiten bietet, damit diese ihrer Tätigkeit nachgehen können. Wenn ich über Missstände nachdenke, frage ich mich, ob Peter die Räumlichkeiten in Ordnung hält und vielleicht ab und zu auch mit den Frauen spricht. Denke ich an den „Zuhälter“ Peter, habe ich ein ganz anderes Bild. Der „Zuhälter“ Peter heißt wahrscheinlich gar nicht Peter, das ist nur ein Pseudonym. Von diesem Peter erwarte ich unechten Charme, um Frauen um den …

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Die Basics, Teil 1

Jeder Mensch kennt es wahrscheinlich, wenn man im Chaos des Alltags das Wesentliche aus den Augen verliert. Wenn man sich über Dinge aufregt, die eigentlich gar nicht wichtig sind, oder in Streitereien gerät, bei denen keiner der Seiten mehr weiß, worum es überhaupt geht. Oder, die Trauma-Variante: Wenn man vergisst, was man schon alles geschafft hat und dass die Bilder und Gedanken im eigenen Kopf eigentlich zur Vergangenheit gehören. Im Alltag ist das menschlich und normal. Mit Routinen, Self-Care-Momenten oder einem warmen Kaffee am Morgen kann man versuchen, zur Ruhe zu kommen und wieder klarer zu sehen. In politischen Diskussionen passiert dasselbe, gerade in der heutigen algorithmen-gesteuerten und klick-finanzierten Zeit. Anstatt sich mit der Sache auseinanderzusetzen, wird der Konflikt über persönliche Attacken und Metadiskussionen auf Nebenschauplätze verschoben. Für alle, die neu auf uns gestoßen sind, und alle, die vielleicht dabei sind, sich in solchen Nebenschauplätzen zu verlieren, möchten wir uns in den nächsten Wochen regelmäßig die Zeit nehmen, um in Ruhe zu rekapitulieren: Wer sind wir, wofür kämpfen wir, warum und wie sind wir zu …

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Schein, Sein und Schuld – Do stop believin‘!

Autorin: Ronja // Inspiriert durch zwei andere Ellas habe ich mich nochmal dem Bild der Prostitution gestellt, das ich einmal hatte – und dem, das aber im Gegensatz dazu meiner Realität entsprach. Als Teenagerin entdeckte ich meine Liebe zur Rock Poesie und insbesondere zu einem ganz bestimmten Literaten. Einer, der viel und gern über Rock’n’Roll und Boxen und, kurz und klischeetriefend gesagt, über ’schwere Jungs‘ und ‚leichte Mädchen‘ geschrieben hat.Ganz besonders über Domenica [1].Erst nachdem ich viele Jahre später die Prostitution hinter mir lassen konnte, lernte ich, wie tragisch und traurig auch Domenicas Schicksal zuweilen war und dass im folgenden Absatz wohl genau der Rock Poet, der meine Teenagerjahre so prägte, gemeint ist: „Für einen namhaften Dichter, der sie einst als Muse schätzte, habe Domenica, so erzählen andere Freunde, nur noch Verachtung empfunden.“ [2] Damals, lange vor diesem Wissen, war der Samen aber gepflanzt.Durch ihn und sie und andere Frauen im Milieu wie Felicitas Schirow, in deren Café Pssst! ich auch mal anschaffen war und über das ich hier später noch schreiben werde. Und durch …

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Freier und ihr Sex-Privileg

Autorin: Pani K. // Vorweg: Prostitution existiert, weil es Menschen gibt, die dafür bezahlen.Was sind das für Menschen? Wie leben und denken sie? Wie handeln sie und welche Folgen hat das? Was geht es die Außenstehenden an? Das sind nur einige Fragen zu diesem Thema…Ich beginne mal mit einer Definition, um Klarheit zu schaffen: – Freier, derSubstantiv, maskulin; Genitiv: des Freiers, Plural: die Freier. Bedeutung: Ein Mensch, der zum Zweck seiner eigenen sexuellen Stimulation oder Befriedigung andere Menschen gegen Entgelt benutzt oder ihnen Entgelt anbietet.Übliche Formen des Entgelts: Geld, Obdach oder Drogen.Übliche Formen der Benutzung: Oralsex, Analsex, Vaginalsex, erotische Massage, Praktiken des BDSM, Live-Cam-Sex, Striptease sowie andere sexuelle Praktiken ohne Eindringen in die Körper der Beteiligten.Übliche alternative Bezeichnungen: Gast, Kunde, Klient, Sexkäufer.Ich benutze den Begriff Freier, weil alternative Bezeichnungen missverständlich und verharmlosend sind.Kaum jemand spricht offen über Freier oder mit ihnen, obwohl sie keine soziale Randgruppe darstellen.Freier sind in der Regel männlich, gut sozial integriert, in fast allen Altersgruppen und sozialen Schichten zu finden: von Studenten bis Professoren, von Auszubildenden bis Rentnern, von Politikern bis …

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Was er ihr angetan hat

Autorin: Anna // Was er ihr angetan hatDein EhemannDein BruderDein SohnDein VaterDein VorgesetzterDein FreundMein FreierDieser Mann war all das für unterschiedliche Personen. Er war Ehemann. Er war ein Bruder. Er warein Sohn. Er war ein Vater. Er war ein Vorgesetzter und ein Freund.Dieser Mann hat jemandem Leid zugefügt. Er hat ein frisch 18 gewordenes Mädchen in dieProstitution gelockt, er wusste von ihren starken psychischen Problemen, davon, dass ihre Familiediese nicht ernst nahm und ihr keiner half. Sie hatte keine Hilfe. Sie hatte niemanden. Sie hatte starkeDepressionen und Borderline (diagnostiziert inzwischen), Suizidgedanken, wenig Selbstwertgefühl,starke Minderwertigkeitskomplexe. Sie hatte aufgrund von Erfahrungen ein schlechtes Männerbild.Sie lernte durch den Umgang mit Männern, zieht sie sich aus, kriegt sie Komplimente. So ein jungesMädchen ohne Selbstbewusstsein ist natürlich ein gefundenes Fressen für so manche Männer.Sie hatten Kontakt und schrieben jeden Tag als sie noch 17 war, er wollte Nacktbilder, löschte diesejedoch alle als er sich erinnerte, dass das ja strafbar war. Also wartete er bis sie 18 wurde, bis er siefür Sex bezahlte. Sie hatte Angst. Tat es dennoch. Fühlte nichts …

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OnlyFans: der moderne SMS-Chat?

Autorin: Ronja // Neulich habe ich auf VICE einen Artikel namens „Dieser Typ verdient als OnlyFans-Account-Manager mehrere 10.000 Euro im Monat“ gelesen und fühlte mich sofort unangenehm an meine 2,5 Jahre im SMS-Chat erinnert. Moment. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen?OnlyFans, diese Plattform, auf der viele weibliche Nutzerinnen erotischen bis pornografischen Foto- und Video-Content gegen Zahlung von ihren „Fans“ veröffentlichen? Und SMS-Chat? Jüngere Lesende hier fragen sich vielleicht gar, was das überhaupt war…Deshalb folgt nun erst ein Blick in die Vergangenheit. Anfang 2006 bin ich in die Prostitution geraten und erst 2017 sollte mir der endgültige Ausstieg gelingen. Von Mitte 2006 bis Ende 2008 zählte aber auch noch etwas anderes als die Prostitution, wie man sie sich vorstellt, zu meinen Berührungspunkten mit all den schädlichen Arten, durch die Sex zur Ware/Dienstleistung erklärt wurde und wird: der SMS-Chat.Ich bin durch meinen damaligen Partner da reingeraten und für eine Weile war ich sogar selbst Betreiberin unseres Chats.Aber was ist/war denn jetzt ein SMS-Chat?Vor vielen Monden hatte noch nicht jeder (potentielle) Freier Flatrates und High Speed …

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Im Escort

Autorin: Eva // „Du bist aufgeschlossen, niveauvoll, selbstbewußt…? Interessiert an Glamour und einem unabhängigen, stilvollen Leben…? Hast gute Allgemeinbildung und Umgangsformen…?“ „Ja, klar!“ dachte ich mir als junge Frau in den 20ern rund um das neue Jahrtausend in Wien. Es war eine Aufbruchsstimmung.So werben nämlich Escortagenturen um Mädchen und Damen. Seit Jahrzehnten suggeriert uns die Gesellschaft der westlichen Welt, Erotikarbeit ist doch ganz etwas Normales, ein wichtiger Beruf, das älteste Gewerbe der Welt. Einfach toll, oder? Da können sich Frauen und natürlich auch Transgender und Callboys endlich ausleben. In der Realität sieht es dann doch ganz anders aus. Diies kann nur Jemand feststellen, der/die in der Szene war und sich den kritischen Blick bewahrt hat; den nüchternen Blick. Moment, nüchtern? Ah, da beginnt es schon…………..Als Escort ist Dein ständiger Begleiter …der Alkohol. Die Männer lieben es, mit Dir zu trinken; viele von ihnen trinken sehr viel (2-3 Flachen Wein) -täglich.Andere Aufputschmittel bekommt man auch sehr oft angeboten. Der Kunde/Freier will seine Freizeit mit der Escortdame so richtig geniessen, das gehört das für ihn dazu. Die …

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