Autor: Ella

Prostitution als „Schauspiel“

Autorin: Anthonia //   Wenn die Tätigkeit Prostitution von Befürworter*innen derselben in der Öffentlichkeit dargestellt wird, wird sehr häufig der Vergleich zwischen Prostitution und  professioneller Schauspielerei erklärend hinzugezogen. Die Frage, wie eine Frau/ein Mensch den sexuellen Kontakt mit so vielen wechselnden Partnern bewältigt, wird damit beantwortet, dass im Umgang mit Freiern ja nur eine Illusion hergestellt werde,  die Frau schlüpfe dabei gekonnt in verschiedene Rollen und spiele mit Identitäten. Dadurch entsteht der Eindruck, es handele sich dabei demnach  „lediglich“ um Schauspielerei, und die eigene Sexualität und Seele bliebe durch die dadurch hergestellte Distanz somit unberührt.  Diese Vergleiche lassen Prostitution irgendwie harmlos, gar interessant erscheinen. „Ach so, ist ja nur Schauspielerei, und Schauspielerei ist ja eine Kunst, das ist ja dann nicht so schlimm für die Prostituierte, ist doch toll und kreativ, das macht bestimmt Spaß“,  kann man(n) daraus schlussfolgern … Deshalb möchte ich nun mit diesem Mythos aufräumen. Während meiner Zeit als Prostituierte war mein gesamter „Auftritt“ während des Treffens mit einem Freier zwar meist gespielt, dieser Akt war aber  nicht mit der wundervollen Tätigkeit …

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stream of consciousness // DONA CARMEN und was sonst so schiefläuft

Autorin: Sophie // Disclaimer: Netzwerk Ella besteht aus Frauen, die in der Prostitution waren oder noch sind. Bei uns ist weltanschaulich und religiös vieles vertreten – Atheistinnen, Sozialistinnen, Kommunistinnen, aber auch Christinnen. Wir verstehen uns als unabhängige Interessenvertretung für Frauen aus und in der Prostitution. Einzelmeinungen über Glauben, Politik usw. abseits der Abolition geben nicht die Meinung der ganzen Gruppe wider, weil wir dahingehend bunt gemischt sind. Uns eint das Ziel der Abschaffung der Prostitution.   Feminismus ist, wie ich bereits festegestellt habe, ein schwer definierbarer Begriff. Auf einem meiner T-shirts steht „Feminism – the radical notion that women are people“. Für mich bedeutet das, dass Frauen Menschenrechte verdienen. Für alle Menschen soll es also dieselben Rechte geben. Dazu gehört auch das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Dieses ist sogar durch den allerersten Artikel unseres Grundgesetzes geschützt: „GG Art 1 §§ (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Das klingt toll und wird in Deutschland wahrscheinlich auch besser umgesetzt, als beispielsweise in der dritten …

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Prostitution: eine On/Off-Beziehung

Autorin: Stephanie // Ich ertrug den Ekel nicht mehr, die Freier nicht mehr, ihre unmöglichen und teilweise sehr dreisten Forderungen nicht mehr und überhaupt war mir beim Gedanken ans Anschaffen schon ganz anders. Ich versuchte meinen Schritt ins bürgerliche Leben und muss nun heute feststellen, dass dieser Weg ein langer wird und von vielen, sehr vielen Fallstricken begleitet wird. Zu Beginn versuchte ich es mit einem kleinen Job, eine einfache Tätigkeit. Das war gut, denn aufgrund meiner traumatischen Vergangenheit und meinen zeitweise depressiven Schüben bin ich nicht in der Lage, einen hochverantwortungsvollen Job anzunehmen und der Aufgabe entsprechend gerecht zu werden. Ich wollte also niedrig ansetzen und mich dann steigern, so der Plan. Einziger Wermutstropfen: die Bezahlung ist miserabel. Aber das wird schon, dachte ich. Frohen Mutes und unendlich dankbar nichtmehr 10 fremde Männer pro Tag sabbernd über meinen Körper verfügen lassen zu müssen, stürzte ich mich in die Arbeit und fand dort gut Anschluss, arbeitete auch viel und ohne zu murren weit über mein Stundensoll. Doch das Geld reichte nicht. Was also tun? Monatelang …

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Vom Umgang mit (ehemals) prostituierten Frauen

Autorin: Susan // Die emotional aufgeladene Debatte über Prostitution in Deutschland und die aus dem Juli 2017 stammende Gesetzesnovelle schlägt in der Medienlandschaft hohe Wellen. Dies hat nicht selten zur Folge, dass im Fernsehen, Radio oder bei Vorträgen und Tagungen Menschen eingeladen werden, die im engeren und weiteren Sinne mit Prostitution zu tun haben. Hierbei handelt es sich oft um PolitikerInnen, SozialarbeiterInnen, ZuhälterInnen und andere Profiteure der Sexbranche. Auch gibt es öfter den Wunsch, ehemalige prostituierte Frauen einzuladen und mit Ihnen zu sprechen, ihre Stimme zu hören. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, sind es doch genau diese Frauen, die aus dem Leben in der Prostitution berichten können. Sie sind Überlebende und Expertinnen und somit für diese Debatte unverzichtbar. Leider ist der Umgang mit ehemaligen prostituierten Frauen nicht immer so, wie es dem Umstand gerecht würde. Frauen, welche die Sexbranche lebend verlassen haben, ausgestiegen sind aus einem System, das viele Opfer fordert und niemanden unbeschadet zurücklässt, haben im bürgerlichen Leben oft Probleme. Sie sind auf Therapien angewiesen, leben an der Armutsgrenze und sind oft mehrfach traumatisiert. Die …

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Ein paar Gedanken über Hilfe

Autorin: Luise Kakadu // Keine Ahnung, was mich eben geritten hatte. Ich habe auf Sexseiten gestöbert. Ich weiß nicht wirklich, weshalb. Eigentlich wollte ich wohl nur gucken, wer und wieviele Frauen hier in meinem Ort und um mich herum in Not sind – glaube ich. Ob es hier Menschen gibt im „Gewerbe“, die vielleicht Hilfe bräuchten. Und ich hatte mich auch gefragt, wie das hier in diesem kleinen Ort wohl funktioniert mit der Meldepflicht; den „Aufklärungs- und Beratungsgesprächen“ und den Pflichten des Ordnungsamtes. Schon beim 3. Inserat hatte es mich geschüttelt. Brechreiz, Zorn, Traurigkeit und eine Flut von Gefühlen kamen über mich. Wie können Freier nur glauben, dass diese Frauen irgendetwas „freiwillig“ tun?! Wie kann ein Mann es schaffen sich einzureden, dass eine Frau die so aussieht, irgendwelchen Spaß, Freude oder gar Lust daran fühlen könnte, wenn er sie befummelt, belutscht, kratzt, kneift und fickt wie Vieh?! Nein, ich will die Frauen nicht abwerten, wenn ich sage, sie sähen soooo aus. Aber verdammt nochmal – eine glückliche, zufriedene, starke und seelisch gesunde Frau sieht verdammt …

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Die Zustelladresse

Autorin: Susan // Die neue Gesetzeslage für prostituierte Frauen und Bordellbetreiber in Deutschland treibt wundersame Blüten. Nicht genug, dass kaum ein Bundesland richtig weiß was es genau zu tun hat, nein, auch die Akteure des Rotlichts und die, an denen sie gut verdienen – in dem Fall die Frauen und auch Männer die jeden Tag ihren Körper verkaufen müssen –  sind angestrengt von dem Bemühen herauszufinden, wie man sich nun richtig zu verhalten hat. Selbstverständlich müssen Prostituierte Steuern zahlen. Es ist schließlich ein ehrenwerter Beruf, den es schon sehr lange gibt, ja fast so lang wie die Menschheit selbst. So die Legende. Und weil dieser Beruf so ehrenhaft und geachtet ist, ist er mit einer ganzen Menge Fallstricke bestückt. Zum einen verlangt das neue Gesetz nun eine feste Meldeanschrift für gewerblich tätige Personen. Soweit so gut. Viele Prostituierte haben aber keine Anschrift, oder keine in Deutschland, weil sie selbst reisen oder herumgereist werden, von ihren „Freunden“ und „Managern“. Schließlich will der Kunde Frischfleisch und doch bitte nicht immer dasselbe im Laden. Aus diesem Grund hat …

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Pressemitteilungen zu den bundesweiten Bordellrazzien am 18. April 2018

Am Mittwochmorgen hat die Bundespolizei  mit über 1.500 Beamten (BeamtInnen?) in einer bundesweiten Aktion 62 Bordelle gestürmt. 100 Personen sind festgenommen worden, davon 17 Hauptverdächtige. Die Aktion gilt als größte Zugriffsmaßnahme seit Bestehen der Bundespolizei. Die prostituierten Frauen und Ladyboys kamen allesamt aus Thailand. Der Vorwurf gegen die Hauptbeschuldigten lautet auf Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schleusung und von Arbeitsentgelt.   Wir vom Netzwerk Ella, der Aktionsgruppe für Frauen aus der Prostitution, haben dazu Folgendes zu sagen:

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Was wir von unseren Verbündeten erwarten

ein gemeinsames Statement von Ella, der Aktionsgruppe für Frauen aus der Prostitution Leider sind auch unsere Verbündeten, also Menschen, die sich für uns Prostituierte engagieren und sich gegen Prostitution aussprechen, nicht immer frei davon, uns unabsichtlich zu verletzen. Wir wünschen uns… * dass die Tatsache, dass wir uns aufmachen und von unseren seelischen und emotionalen Verletzungen oder von unserer Posttraumatischen Belastungsstörung erzählen, nicht dazu führt, dass wir nicht mehr ernstgenommen werden oder dass wir Sprüche kriegen wie „mach erstmal eine Therapie“ oder „das ist deine gestörte Wahrnehmung, das bildest du dir ein“. Dass jenes, was wir über unsere seelischen Wunden sagen, gegen uns verwendet wird, sobald wir etwas sagen, dass anderen nicht passt, ist ganz schlechter Stil. Nur mal nebenbei: jede Frau hat im Patriarchat so ihre Traumata erlitten. Das macht sie nicht unzurechnungsfähig. * dass wir nicht als „emotional labil“ bezeichnet werden, wenn wir sagen, unter welchen Bedingungen wir wieder einsteigen würden bzw. wenn wir uns mit diesem Gedanken tragen. Hört lieber zu, wenn wir von den Gründen berichten, die uns in die Prostitution …

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Die arme und die nicht arme Prostituierte

Autorin: Edda // Oder: Die Zwangsprostituierte und die “freiwillige” Prostituierte Oder: What the fuck Zwei Dinge kamen in Diskussionen um Prostitution neuerdings immer wieder auf. Es gehe nicht um die “weiße, freiwillige deutsche Prostituierte, die sich nebenbei ein Taschengeld verdient”, sondern um Zwangsprostituierte und Frauen, die sich aus Notlagen heraus prostituieren. Die Forderung, bis wir das Nordische Modell durchgesetzt hätten, müssten wir auf die straffe Umsetzung des ProstSchG pochen, denn dies sei wenigstens etwas und besser als nichts. Dazu habe ich als ehemals prostituierte Frau Folgendes zu sagen: Ich möchte Prostitution abschaffen. Und will sie keiner einzigen Frau zumuten. Ich wiederhole: keiner. Auch nicht der “Freiwilligen” oder der, die sagt, sie habe ein Recht dazu, sie wolle das so, auch nicht der weißen deutschen Studentin, die sich damit ihr Studium finanziert. Weil es keinen Unterschied macht. „Ja, aber die weiße deutsche “freiwillige” Prostituierte …“ Ja, was aber? Selbstverständlich respektiere ich die Frau, die das sagt und ihre “Entscheidung”. Aber ich spiele das damit verbundene Leid nicht herunter – auch wenn sie es gegenwärtig noch anders …

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Sachgutbenutzung versus Dienstleistung – oder: warum Prostitution keine Dienstleistung wie jede andere ist

Autorin: Saskia Nimierski // Der Begriff „Dienstleistung“ in Bezug auf die Prostitution wird nicht nur in den Medien, sondern auch auf der offiziellen Homepage des österreichischen Frauenministeriums verwendet, so, als ob Prostitution ein selbstverständlicher Dienstleistungsberuf wäre. Wie z. Bsp. der einer Friseurin, Masseurin oder Fußpflegerin. Wenn man die Abgründe, die bei der Prostitution zum Alltag gehören gesehen hat, ist diese „Beschönigungsrhetorik“ schwer zu ertragen! Man versucht etwas durch- bzw. umzusetzen, was man sich gleichzeitig nicht auszusprechen wagt. Würde man es benennen, könnte es niemand mehr mit seinem Gewissen vereinbaren dieses teils sehr abgründige Terrain der Prostitution als „Joboption“ und als neuen „Dienstleistungssektor“ in Erwägung zu ziehen. Weder aus menschenrechtlichen, noch aus formal-arbeitsrechtlichen Gründen.   Warum handelt es sich bei der Prostitution um keine Dienstleistung? Weil per Definition eine Dienstleistung „nicht körperlich ist und nicht angefasst werden kann“. (siehe u.a.: BWL-Lehrbuch HAK 1) Ein Sachgut ist hingegen „körperlich und kann benutzt und angefasst werden.“ Die Prostituierte, die vom Freier aktiv penetriert und angefasst wird, bietet somit keine Dienstleistung, sondern wird von den Gesetzen des freien Marktes …

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