Autorin: Saskia Nimierski //
Der Begriff „Dienstleistung“ in Bezug auf die Prostitution wird nicht nur in den Medien, sondern auch auf der offiziellen Homepage des österreichischen Frauenministeriums verwendet, so, als ob Prostitution ein selbstverständlicher Dienstleistungsberuf wäre. Wie z. Bsp. der einer Friseurin, Masseurin oder Fußpflegerin. Wenn man die Abgründe, die bei der Prostitution zum Alltag gehören gesehen hat, ist diese „Beschönigungsrhetorik“ schwer zu ertragen! Man versucht etwas durch- bzw. umzusetzen, was man sich gleichzeitig nicht auszusprechen wagt. Würde man es benennen, könnte es niemand mehr mit seinem Gewissen vereinbaren dieses teils sehr abgründige Terrain der Prostitution als „Joboption“ und als neuen „Dienstleistungssektor“ in Erwägung zu ziehen. Weder aus menschenrechtlichen, noch aus formal-arbeitsrechtlichen Gründen.
Warum handelt es sich bei der Prostitution um keine Dienstleistung? Weil per Definition eine Dienstleistung „nicht körperlich ist und nicht angefasst werden kann“. (siehe u.a.: BWL-Lehrbuch HAK 1) Ein Sachgut ist hingegen „körperlich und kann benutzt und angefasst werden.“ Die Prostituierte, die vom Freier aktiv penetriert und angefasst wird, bietet somit keine Dienstleistung, sondern wird von den Gesetzen des freien Marktes zu einem auf Zeit gemieteten Sachgut, zu einer Ware gemacht. Von einer „Dienstleistung“ könnte bei der Prostitution eventuell dann die Rede sein, wenn die Prostituierte ausschließlich in der aktiven Rolle handeln bzw. aktiv eine Dienstleistung abliefern würde und der Freier passiv diese Dienstleistung in Anspruch nehmen würde. In der Realität ist das aber kaum der Fall. Den Kunden geht es bei der Prostitution in den meisten Fällen um Dominanz und Machtausübung, sowie um das Überzeugen der Frau von seinen Liebesqualitäten, wodurch sich viele Freier in die aktive Rolle begeben anstatt passiv zu bleiben.
Es werden in so gut wie jedem legal angemeldeten Bordell die Frauen den Freiern als zu „Benutzende“ angeboten, was nicht nur aus den Freierstudien, Freierberichten in Freierforen hervorgeht, sondern auch aus den Inseraten der Bordelle. Ich frage mich: Wie kann man eine Branche legalisieren, bevor überhaupt besprochen wird, welche Handlungen welcher Art dabei üblich sind?
Durch den in den letzten Jahren entstandenen „Angebotsüberschuss“ auf dem Prostitutions-Markt wurde dieser zu einem Käufermarkt, das heißt, der Käufer hat auch die Marktmacht. Und da die Branche geschlechtsspezifisch ist, herrscht dort die Macht der Männer, die den größten Teil der Freier ausmachen. Die meisten Freier sind auf der Suche nach dem niedrigsten Preis und den gleichzeitig maximal nutzbaren Praktiken, euphemistisch in der Szene „Service“ genannt, wo wir in Wahrheit wieder beim Thema „Sachgut“ wären. Es entscheidet also nicht die Anbieterin, was bei dem Akt der Prostitution geschieht, sondern der Freier bzw. der Druck der bestehenden Marktverhältnisse. Dies hat zur Folge, dass die sogenannte „Speisekarte“ um immer mehr Zusatzleistungen erweitert wird. Wenn z.B. Analverkehr vor ca. 15-20 Jahren kaum angeboten wurde oder bestenfalls mit einem hohen Aufpreis verbunden war, so wird diese Praktik mittlerweile oft als Standardleistung vorausgesetzt. Die Frau muss heute immer mehr über ihre physischen und psychischen Grenzen gehen und zunehmend unzumutbare Praktiken erdulden, um die Lücke zwischen dem Soll und Ist zu schließen. In einem ‚gängigen’ Dienstleistungs-Beruf, wie etwa dem einer Friseurin, wird diese Lücke u.a. durch längere Arbeitszeiten und gesteigerte Arbeitsleistung rekompensiert; In dem Fall gibt es aber – im Gegensatz zur Prostitution – gesetzlich geregelte Obergrenzen was die zumutbare Arbeitszeit anbelangt und ein definiertes Tätigkeitsprofil.
Das Problem bei einer voreilig legalisierten Branche wie der Prostitution ist, dass die Grenze zwischen dem, was einer Prostituierten zumutbar ist, und was nicht, nicht klar definiert ist. Von den Sexarbeitslobbyisten kommt meist das Argument, die Prostituierte würde ohnedies nur tun, was ihr Spaß macht, was jedoch nur ganz selten der Fall ist.
In welcher anderen Branche argumentiert man eigentlich damit, dass die Arbeitszeiten und Arbeitsaufgaben endlos ausufern können, da es den Dienstnehmerinnen, die bisher de facto ein Sachgut sind, ja sowieso Spaß macht?
Man muss auch den Aspekt berücksichtigen, dass der Großteil der Frauen die der Prostitution nachgehen, keine Alternativen haben. U.a., weil die Erwerbslosigkeit unter den Frauen (z.B. im automatisierten Sektor) steigt, weil viele keinen Bildungsabschluss haben, Migrantinnen und Flüchtlinge sind, nur marginale Sprachkenntnisse haben und gesellschaftlich diskriminierten Minderheiten (z.B. Roma) angehören. Aufgrund des gesetzlichen Graubereichs in der Prostitutionsbranche sind sie der Brutalität des männerdominierten Käufermarktes völlig schutzlos ausgeliefert. Gleichzeitig gelten Hilfen zum Ausstieg bzw. Angebote von Alternativen unter den „Pro-Sexarbeits“- NGOs als Diskriminierung(!) der Prostituierten. Es ist mehr als diskriminierend, wann man Menschen die Opfer einer unfassbaren Verteilungsungerechtigkeit sind, als Alternative anbietet, sich als Ware in einer gesetzlich kaum geregelten Branche anzubieten.
Wenn man die Prostitution legalisieren möchte, wäre es spätestens jetzt an der Zeit sich mit den Abgründen dieser Branche auseinanderzusetzen; in erster Linie damit, dass das was in den Bordellen, egal ob legal oder illegal, passiert, nichts mit einer Dienstleistung im üblichen Sinn zu tun hat. Dessen sollte sich auch das Frauenministerium bewusst sein, wenn es auf seiner homepage gleich als ersten Satz schreibt: „Prostitution, das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen.”
(c) Saskia Nimierski
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