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Das Prinzip der altruistischen Leih-Mutterschaft

    Autorin: Pani K. //

    Ich beginne mit einem Zitat von Annika Ross, aus ihrem Emma-Artikel vom 14. März 2022:
    „Während andere Frauen aus der Ukraine flüchten, müssen sie in den Luft-Schutz-Bunkern Kiews ausharren: Leih-Mütter.
    BioTexCom, der größte Anbieter für Reproduktions-Medizin, warnte auf Facebook seine deutschen Kunden davor, „ihre“ Leih-Mutter aus dem Kriegsland holen zu wollen: „Die Geburt des Kindes außerhalb der Ukraine ist nicht legal. Die Leih-Mutter wird als Mutter gelten und der Versuch der Übergabe des Kindes als Kinder-Handel bezeichnet. Sie werden nie als Eltern des Kindes anerkannt.“
    Kinderhandel, Menschenhandel – auf einmal wird das also in der Branche klar benannt. Bei rund 50.000 Euro liegt der Startpreis für ein Baby aus der Ukraine;…“ [1]

    Der Gesetz-Entwurf zur altruistischen Leih-Mutterschaft verspricht die Lösung aller ethischen Probleme im Vergleich zur ihrer kommerziellen Variante: Kein Preis, kein Handel – keine Probleme! Doch das Versprechen wird nicht eingelöst – auch ohne den vertraglichen Kaufpreis bleiben weitere Verletzungen der Menschen-Rechte von Frauen und Kindern bestehen.

    Eine Schwangerschaft ist kein Spaziergang, sondern eine lange und gefährliche Extrem-Belastung für eine Frau, sowohl körperlich als auch psychisch. Es ist immer eine „Reise ins Unbekannte“, denn jede Schwangerschaft ist einzigartig und kann schwere gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind haben, ja sogar Lebensgefahr oder Tod bedeuten. Und so eine Schwangerschaft im Auftrag der Wunsch-Eltern ist keine Ausnahme. Im Gegenteil – solche Schwangerschaften bergen noch mehr Risiken und Komplikationen für schwangere Frauen. Ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und sogar ihr Recht auf Leben werden dadurch aufs Spiel gesetzt, massiv bedroht und verletzt. Diese Menschen zahlen so den maximalen Preis.

    Zu bedenken ist auch, dass fast alle Leih-Mütter bereits selbst Kinder haben, deren Rechte ebenfalls geschützt werden müssen. Etwa das Recht der Kinder auf ihre Mutter, die für das Eltern-Glück der Auftrag-Geber sterben könnte. In einem solchen Fall würde das Ergebnis der induzierten Schwangerschaft so aussehen: Auf der einen Seite – ein oder mehrere verwaiste Kinder, auf der anderen – glückliche Wunsch-Eltern mit dem „bestellten“ Neugeborenen. Das ist ein reales Risiko, dem betroffene Kinder bewusst und billigend ausgesetzt werden. Auch hier: eine enorme Zumutung und ein hoher Preis, selbst für diese kleinen Menschen.

    Doch das Recht auf eigene biologische Reproduktion, auch „Reproduktive Gerechtigkeit“ genannt, und der unerfüllte Kinder-Wunsch der Bestell-Eltern bekommen viel Gewicht und werden weiterhin hochgehalten. Das Recht auf Reproduktion wird dem Recht auf Leben gleichgestellt – obwohl es offensichtlich ist, dass Elternschaft nur eine Frage der eigenen Lebens-Qualität und nicht der Existenz darstellt. Diese Rechte sind grundsätzlich unvergleichbar!

    Diese „Reproduktive Gerechtigkeit“ hört sich wirklich gut an – meint jedoch das Recht und die Freiheit „eine Leih-Mutter zu nutzen und sich maßgeschneiderte Kinder anzueignen“. Sind das Gerechtigkeit und Freiheit? Oder – Kolonisierung und Sklaverei? Oder ganz banal: Verachtung und Entmenschlichung von Frauen und Kindern, ihre „Verdinglichung“ bis ins Extrem. Ohne Unterschied in welchem Land und unter welchen sozialen Bedingungen, ob in den USA, der Ukraine, Indien oder Deutschland, das Prinzip der Leih-Mutterschaft, auch der altruistischen, bleibt überall gleich: Dein Leben – für mein Glück!

    Freiheit ohne Gleichheit [der Macht] bedeutet: die Starken bestimmen das Spiel – das sagte die Soziologin Eva Illouz vor einigen Jahren in einem Interview.
    Freiheit ohne notwendige Ressourcen, Rechte und Schutz, ist die Freiheit der Mächtigen und Reichen – das sage ich, aus eigener Erfahrung als Prostitutions-Überlebende und Opfer des Menschen-Handels. Denn Freiheit kann Ausbeutung, Gewalt und Unterdrückung sogar rechtfertigen: „Sie wollte es doch selbst so!“ – eine ewige Legitimation der Täter.

    Frauen in der Reproduktions-Industrie werden als Organ-Lieferanten und Brut-Maschinen behandelt – legitim und legal. Diese Form biologischer Ausbeutung weiblicher Körper ist strukturell identisch mit der Ausbeutung im System der Prostitution und der Sex-Industrie insgesamt. Das Utilisieren und Kommodifizieren der Frauen in diesen Bereichen werden in Kauf genommen und nicht als Verbrechen gegen die Menschenwürde erkannt und bekämpft.

    Diese globalen und wachsenden Prozesse der restlosen Ausplünderung und Verwertung weiblicher Menschen, ja ihre „Ver-Zweckung“, sind nicht etwa Fehlentwicklungen, sondern folgerichtige Konsequenzen der weltweiten neoliberalen Gesellschafts-Ordnung, von der Eva Illouz sprach. Wo Menschen bloß ein Mittel zum Zweck sind, dort werden Menschen-Rechte zu einem Handels- oder Konsumgut und verkommen zu einem Privileg von Wenigen.

    Ich schließe mit einem Zitat von Aude Mircovic, Direktorin des Kollektivs „Juristen für die Kindheit“:
    „Kein juristischer Rahmen wird jemals angemessen sein, weil nicht nur diese oder jene Modalität der Leih-Mutterschaft ein Problem darstellt, sondern das Prinzip der Leih-Mutterschaft selbst, das gegen die Menschenwürde verstößt: Keine Regelung kann die Tatsache akzeptabel machen, dass eine Frau dazu benutzt wird, ein Kind auszutragen, das nicht ihr eigenes ist. Keine Regelung kann die Tatsache akzeptabel machen, dass ein Kind vertraglich bestellt und ausgehändigt wird.“ [2]

    Kurz gesagt: Menschenwürde ist unantastbar. Das Prinzip der Leih-Mutterschaft verstößt gegen die Menschenwürde.

    Leih-Mutterschaft ist Menschen-Handel.
    Stoppt Menschen-Handel – weltweit!


    © Pani K. – Netzwerk Ella – 2023


    Quellen:

    [1] Annika Ross, „Die Leihmütter von Kiew“, Emma, 14.03.2022, https://t1p.de/tlykx

    [2] Franziska Harter, „Internationale Experten wollen Leihmutterschaft weltweit abschaffen“, Die Tagespost, 06.03.2023, https://t1p.de/zzlra

    Bild: svklimkin, pixabay.com/de/users/klimkin-1298145/

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