Alle Artikel mit dem Schlagwort: Sexwork

Das Leben nach der Prostitution: äußerlich angepasst, innen Gewitter

Autorin: Malina // Ich bin Malina, Anfang 20 und komme aus Wien. Ich möchte hier meine Erfahrungen mit Prostitution schildern, sowie meinen Ausstieg. Ursprünglich kommt meine Familie aus diversen Ecken Osteuropas und ich selbst habe in einem osteuropäischen Land die Kindheit und Jugend verbracht. Meine Familie war schwierig, Mein Vater hatte Probleme mit Alkohol und Aggression, meine Mutter war (auch deswegen) psychisch krank. Ich war ein ungeplantes Kind und meine biologischen Eltern hatten nicht wirklich die Ressourcen, sich um mich zu kümmern, an der emotionalen Bindung mangelte es bei uns auch. Ich wanderte vom Verwandten zu einer anderen Verwandten, Gewalt war bei uns Teil der familiären Struktur, psychisch, körperlich, intim. Bis zu meiner Pubertät war ich gebrochen. Jetzt weiß ich, dass wir keine Gläser sind und doch nicht so einfach zu brechen, aber ich habe mich auf jeden Fall so gefühlt: Ich war depressiv, fühlte mich wertlos, sah alles Schlechte als meine Fehler an. Große Teile meiner Jugend habe ich in einem Internat für Schülerinnen verbracht und musste die Herausforderungen des Alltags als Teenagerin irgendwie …

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Warum es mich verletzt, wenn Allies gegen Prostituierte, die von der Prostitution Anderer profitieren, wettern und gehässig werden…

Autorin: Sabrina // In letzter Zeit wurde ich in sozialen Netzwerken mit dem Prostituiertenhass aus den eigenen Reihen konfrontiert. Verbündete im Kampf für das Nordische Modell zogen über bekannte Prostituierte her, die öffentlich ihre Branche verteidigen. Die, die eigene Bordelle oder Escortagenturen führen, wurden mit MenschenhändlerInnen in einen Topf gesteckt und öffentlich geächtet. Ihnen wurden hohe Strafen gewünscht und ich konnte kaum fassen, dass ich solche Gemeinheiten in meinem „safe space“, also meinen abolitionistischen Verbündetengruppen zu lesen bekomme. Weil ich nun aber nicht allen unterstellen will, dass sie prostituierte Frauen hassen, gehe ich davon aus, dass sie wegen ihrer andersartigen Lebensrealität das System Prostitution vielleicht nicht ganz erfassen und verstehen können. Wie konservative ProstitutionsgegnerInnen tendieren sie vielleicht ein wenig zur Einteilung der Frauen in „Heilige und Huren“. Die Heiligen sind für sie die armen Zwangsprostituierten, die von Menschenhändlern verschleppt und misshandelt und eingesperrt worden sind und wirklich ABSOLUT nicht mehr handlungsfähig sind und keine Möglichkeit haben, aus der Prostitution auszusteigen. Dem, was ich den Kommentaren so entnommen habe, beginnt man eine Hure zu sein dann, …

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Über Konditionierung und Freiwilligkeit in der Prostitution

Autorin: Luise // Immer wieder kommen mir Sätze in den Kopf, wo andere Menschen Dinge sagten wie:„Du hast doch aber gesagt, Du magst das?!“„Du hast aber doch gesagt, Du tust das gerne?!“„Du hast aber doch gesagt, das ist freiwillig?!“„Du hast aber doch gesagt, es macht dir nix aus?!“„Du hast aber doch gesagt, Du willst das?!“„Du hast aber doch gesagt, ….“ Wie oft in meinem Leben, schon in den letzten JahrZEHNTEN, ist es wohl vorgekommen, dass Menschen sich mit einem programmierten oder für Aufgaben spezialisierten Innen unterhielten,das irgendeiner Sache zusagte; versprach, diese zu tun– und später dann sagten (einige, viele, manche) Andere, dass es eben NICHT so sei. Nein, ich mag das NICHT.Nein, das war NICHT freiwillig.Nein, ich will das NICHT.Nein, das hab ich nie versprochen. Und weder der Andere, noch ich selbst, wußte – wußte WIRKLICH – was da eigentlich passiert. Wie oft hatte ich Dinge automatisch getan – und anschließend „vergessen“?Wie oft waren Konditionierungen gelaufen – ohne, dass ich selbst das überhaupt merkte? Wie oft hatte ich zehntausend Fragezeichen unsichtbar über dem Kopf kreiseln, …

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Code Red – Zurück im Laufhaus

Autorin: Sophie // Bevor ich anfange möchte ich betonen, dass das Netzwerk Ella eine UNABHÄNGIGE Interessensvertretung von Frauen aus der Prostitution ist. Wenn ein Mitglied eine bestimmte religiöse oder politische Weltanschauung hat, sagt das nichts über das Netzwerk Ella aus, weil sich die Ansichten der Mitfrauen durchaus unterscheiden und von Aktionen des Netzwerks Ella unabhängig sind. Wie letztes Jahr im Juni fand auch dieses Jahr wieder der „Code Red“ statt, eine Veranstaltung einer internationalen Gemeinde aus den USA, die sich zum Ziel gesetzt hat, sowohl die Rehabilitation von Süchtigen und Obdachlosen, als auch praktische Ausstiegshilfe für Prostituierte zu leisten . Ich habe vor allem Interesse an der praktischen Ausstiegshilfe für Prostituierte und nehme deshalb an Veranstaltungen teil, die sich damit beschäftigen. Um Kritik vorwegzunehmen, muss ich erklären, dass diese Gemeinde nicht darauf abzielt, die Prostitution der christlichen Moral wegen zu verurteilen und zu verbieten. Viele Frauen der Gemeinde waren in der Vergangenheit selbst Prostituierte und zudem oft auch drogenabhängig. Da die einzige Institution, von der sie Hilfe bekamen, die Kirche war, die ihnen in einer …

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Brief an Frauenministerin Giffey

Nachdem die Praktikantin von Frauenministerin Giffey uns auf unseren Brief vom Valentinstag mit einem Statement geantwortet hat, das den Status quo der Gesetzeslage in der Prostitution verteidigt, habe ich eine ausführliche Antwort verfasst, um auf die Missstände in der Prostitution aufmerksam zu machen. Nun husch husch zur Post, Briefmarke kaufen und ab in den Kasten damit ! (S.) Sehr geehrte Frau Giffey, vielen Dank für die Antwort auf meinen Brief zum Valentinstag. Ich bin Sophie vom Netzwerk Ella, ich war 8 Jahre in der Prostitution, und ich möchte auf die von Ihrer Praktikantin übermittelte E-Mail antworten. Natürlich habe ich vom ProstSchG erfahren und finde dieses in Teilen auch gut. Es könnte wirklich eine Chance sein, ein wenig mehr gegen Menschenhandel vorzugehen, aber die Betonung liegt hier auf „ein wenig“. Denn in der Realität ist es so, dass keine prostituierte Frau sich gern anmelden möchte. Wir vom Netzwerk Ella sind ein Zusammenschluss sowohl von Aussteigerinnen, als auch von Frauen, die noch in der Prostitution sind und die meisten von uns empfinden das ProstSchG als eine Methode, …

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Wie Freier prostituierte Frauen ansprechen, um ins Geschäft zu kommen

Autorin: Anthonia //   Während ihrer Tätigkeit als Escort traf unsere Mitfrau und Aussteigerin Anthonia die  Freier in der Regel in 4- oder 5-Sterne-Hotels.  Ihre Zielgruppe waren gut situierte Geschäftsmänner, eine Zielgruppe, die sie in der Hoffnung auf einen respektvollen Umgang anvisiert hatte. Den Prozess der Kontaktaufnahme beschreibt sie folgendermaßen: „Auch wenn es in erster Linie die körperliche Nähe zu und die unliebsamen Wünsche von  fremden Männern  waren, die mich traumatisierten, so waren bereits die im Vorfeld notwendigen Email-Kontaktaufnahmen zu vielen der Freiern verbale Vergewaltigungen oder Beleidigungen. Stets musste ich mich mühselig durch viele demütigende und mit abstoßenden Details gespickte Zuschriften durcharbeiten, die ich als Antwort auf meine  Anzeige erhalten hatte. Der Inhalt dieser Emails traf mich bis ins Mark, so dass ich während dieses Vorgangs  bereits dissoziierte.“ Anthonia hat sich entschlossen, uns einige dieser Zuschriften  für eine anonymisierte Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen.  Denn sie reflektieren, welches Frauenbild Freier haben und geben Aufschluss über die Natur von Prostitution und Freiern. Sie zeigen,  was und wen Betroffene tagtäglich über sich ergehen lassen müssen. Bei diesen …

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