Alle Artikel mit dem Schlagwort: Prostitution

Was wir von unseren Verbündeten erwarten

ein gemeinsames Statement von Ella, der Aktionsgruppe für Frauen aus der Prostitution Leider sind auch unsere Verbündeten, also Menschen, die sich für uns Prostituierte engagieren und sich gegen Prostitution aussprechen, nicht immer frei davon, uns unabsichtlich zu verletzen. Wir wünschen uns… * dass die Tatsache, dass wir uns aufmachen und von unseren seelischen und emotionalen Verletzungen oder von unserer Posttraumatischen Belastungsstörung erzählen, nicht dazu führt, dass wir nicht mehr ernstgenommen werden oder dass wir Sprüche kriegen wie “mach erstmal eine Therapie” oder „das ist deine gestörte Wahrnehmung, das bildest du dir ein“. Dass jenes, was wir über unsere seelischen Wunden sagen, gegen uns verwendet wird, sobald wir etwas sagen, dass anderen nicht passt, ist ganz schlechter Stil. Nur mal nebenbei: jede Frau hat im Patriarchat so ihre Traumata erlitten. Das macht sie nicht unzurechnungsfähig. * dass wir nicht als “emotional labil” bezeichnet werden, wenn wir sagen, unter welchen Bedingungen wir wieder einsteigen würden bzw. wenn wir uns mit diesem Gedanken tragen. Hört lieber zu, wenn wir von den Gründen berichten, die uns in die Prostitution …

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Wiedereinstiegsgedankenkreisel

Jede exprostituierte Frau, die ich kenne, hat sie irgendwann: die Gedanken, wieder in die Prostitution einzusteigen. Aber warum? Jedes Mal, wenn ich öffentlich über Prostitution spreche, oder überhaupt über Prostitution spreche, erst recht, wenn ich mit Frauen rede, die noch aktiv sind, triggert es mich unglaublich, und ich bekomme schrägerweise das Bedürfnis, wieder anschaffen zu gehen. Ich kann es mir nur so erklären, dass anschaffen gehen eben Teil meiner Konditionierung ist, mich selbst zu verletzen, und dass ich eben über diesen Selbstverletzungsteil noch nicht hinweg bin. Ist wie wenn man mit dem Rauchen aufhört… Und sich plötzlich so unbekannt gesund und voller Energie fühlt. Das Bedürfnis bekommt, das wieder kaputtzumachen, eine ganze Schachtel am Stück zu rauchen, um nicht mehr so heil zu sein, weil man das heil sein nicht aushält. Es ist seltsam, in diesem Moment vergesse ich vollkommen all die negativen Seiten der Prostitution. Ich denke nur daran, dass es mir so bekannt ist… Wohingegen ich mich in dem Leben, das ich jetzt führe, ja fremd fühle, ich passe nicht zu den Menschen, …

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Die arme und die nicht arme Prostituierte

Autorin: Edda // Oder: Die Zwangsprostituierte und die “freiwillige” Prostituierte Oder: What the fuck Zwei Dinge kamen in Diskussionen um Prostitution neuerdings immer wieder auf. Es gehe nicht um die “weiße, freiwillige deutsche Prostituierte, die sich nebenbei ein Taschengeld verdient”, sondern um Zwangsprostituierte und Frauen, die sich aus Notlagen heraus prostituieren. Die Forderung, bis wir das Nordische Modell durchgesetzt hätten, müssten wir auf die straffe Umsetzung des ProstSchG pochen, denn dies sei wenigstens etwas und besser als nichts. Dazu habe ich als ehemals prostituierte Frau Folgendes zu sagen: Ich möchte Prostitution abschaffen. Und will sie keiner einzigen Frau zumuten. Ich wiederhole: keiner. Auch nicht der “Freiwilligen” oder der, die sagt, sie habe ein Recht dazu, sie wolle das so, auch nicht der weißen deutschen Studentin, die sich damit ihr Studium finanziert. Weil es keinen Unterschied macht. „Ja, aber die weiße deutsche “freiwillige” Prostituierte …“ Ja, was aber? Selbstverständlich respektiere ich die Frau, die das sagt und ihre “Entscheidung”. Aber ich spiele das damit verbundene Leid nicht herunter – auch wenn sie es gegenwärtig noch anders …

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Sachgutbenutzung versus Dienstleistung – oder: warum Prostitution keine Dienstleistung wie jede andere ist

Autorin: Saskia Nimierski // Der Begriff „Dienstleistung“ in Bezug auf die Prostitution wird nicht nur in den Medien, sondern auch auf der offiziellen Homepage des österreichischen Frauenministeriums verwendet, so, als ob Prostitution ein selbstverständlicher Dienstleistungsberuf wäre. Wie z. Bsp. der einer Friseurin, Masseurin oder Fußpflegerin. Wenn man die Abgründe, die bei der Prostitution zum Alltag gehören gesehen hat, ist diese „Beschönigungsrhetorik“ schwer zu ertragen! Man versucht etwas durch- bzw. umzusetzen, was man sich gleichzeitig nicht auszusprechen wagt. Würde man es benennen, könnte es niemand mehr mit seinem Gewissen vereinbaren dieses teils sehr abgründige Terrain der Prostitution als „Joboption“ und als neuen „Dienstleistungssektor“ in Erwägung zu ziehen. Weder aus menschenrechtlichen, noch aus formal-arbeitsrechtlichen Gründen.   Warum handelt es sich bei der Prostitution um keine Dienstleistung? Weil per Definition eine Dienstleistung „nicht körperlich ist und nicht angefasst werden kann“. (siehe u.a.: BWL-Lehrbuch HAK 1) Ein Sachgut ist hingegen „körperlich und kann benutzt und angefasst werden.“ Die Prostituierte, die vom Freier aktiv penetriert und angefasst wird, bietet somit keine Dienstleistung, sondern wird von den Gesetzen des freien Marktes …

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Prostitution und die eigene Sexualität

Autorin: Saskia Nimierski // Die Prostitution hat einen enormen Einfluss auf das Sexualleben der Prostituierten. Meiner Erfahrung nach einen zunehmend negativen, je länger man dieser Beschäftigung nachgeht und je mehr sich die Bedürfnisse des eigenen Körpers in denen wildfremder Menschen, die genug Scheine auf den Tisch legen, auflösen. 18 Jahre Prostitution haben in meinem Fall selbstverständlich ziemliche Narben in meinem Sexualverhalten hinterlassen, auch wenn man sich von dem “Abdruck”, den die Prostitution hinterlassen hat, regenerieren und sich wieder ein natürlicher Bezug zum eigenen Körper einstellen kann. Der “Abdruck” bleibt aber, und wenn man vor oder direkt beim Einstieg in die Prostitution ev. kein Problem damit hatte, mit verschiedenen Partnern Sex zu haben (aufgrund einer manischen Erkranung hatte ich diese Schübe ohnehin) und es faszinierend fand, so belehrt die Branche einen schon bald eines Besseren. Zu Beginn hatte ich nur die Bilder von lasziven, coolen, attrakiven Pornostars oder Pop-Stars wie Madonna im Kopf, die, indem sie Erotik öffentlich lebten, nicht nur bewundert, sondern auch (so schien es mir damals) eine gewisse Macht über die Männer hatten. …

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Das neue Prostituiertenschutzgesetz und seine Umsetzung im Land Sachsen

Autorin: Susan // Da in diesen Tagen eine Anhörung im Landtag zu Dresden bezüglich des neuen Gesetzes stattfindet, fühle ich mich bemüßigt, einmal etwas zu schreiben. Ich selbst arbeite in diversen Bundesländern, unter anderem gern und oft in Sachsen (Chemnitz, Plauen, Leipzig) und Nordrhein- Westfalen (Köln, Bonn). Mein aktueller Text bezieht sich auf das Land Sachsen. Die pünktliche Umsetzung hat das Land längst verschlafen, ähnlich wie die Bundesländer Thüringen und Sachsen- Anhalt weiß man scheinbar nicht so recht, wohin mit diesem Thema und der Verantwortung. Klar ist nur eines: die Anmeldegebühr für ihre eigene, größtenteils kritisch gesehene und unwillkommene Registrierung müssen die Prostituierten natürlich selbst tragen. Nicht genug, dass der Staat mit Steuern jeglicher couleur schon gut an uns verdient, nein, Prostituierte sollen für ihren eigenen Schutz auch zahlen. Ähnlich wie in einem Laufhaus, wenn der Freier dich würgt und du den Notknopf drückst, damit ein breitschultriger Security dich aus deiner lebensgefährlichen Lage befreit. Nicht, dass das umsonst wäre. Keineswegs. Für diese Lebensrettung sind Gebühren fällig.

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Über die schöne, weiße, reine Welt der Prostitution

Autorin: Luise Kakadu //   Eben bin ich aufgewacht. Aufgewacht aus einem Traum. Noch wirkt er nach – und er erinnert mich an mein Aufwachen in der Prostitution; mein ganz reales und echtes Aufwachen im Sein; im Leben. Im Traum war ich Kind, junge und ältere Frau zugleich. Ich war irgendwie alles in einem. Es spielte keine Rolle – und war doch wichtig. Ich wanderte durch eine weiße Welt. Überall um mich waren Schnee und Eis. Ich hatte nur einen Hauch von Nichts am Leib und war barfuß. In der Hand einen Blister Antibabypille. Und ich flüsterte mir zu, dass sie mein Wichtigstes seien. Dass ich aufpassen muß, ganz unbedingt. Nichts, wirklich garnichts dürfe diese Welt beschmutzen. Niemals nicht dürfte mein Blut in dieses Weiß fallen. Und ich muß Sorge tragen, dass dies nicht passiert. Aber…. es waren kaum noch Tabletten im Blister. Und ich hatte grausame Angst, was passieren würde, wenn. Gleichzeitig war mir so bitter kalt. Und egal, wohin ich sah, war nur Weiß. Ich wußte nicht, in welche Richtung ich lief. Nicht, …

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Der Betroffenen-Bullshitter Rote Flaggen, die zeigen, dass du als von Prostitution Betroffene die Diskussion abbrechen kannst (und solltest)

Es gibt eine ganz bestimmte Art von Menschen (meistens Männer), die mir in Diskussionen über Prostitution immer wieder begegnen, und deren Verhalten ich in diesem Text mal beschreiben will. Diese Menschen betreiben das, was ich „Betroffenen-Bullshitting“ nenne: Betroffene der Prostitution so lange zuzudiskutieren, bis einer heult. Und WER heult am Ende, ist von vornherein klar. Leider habe ich selbst viel zu oft erst mitten in der Diskussion gemerkt, an wen ich geraten bin bzw. dass etwas nicht stimmt. Da war das Kind dann meistens schon in den Brunnen gefallen und ich hatte mir meine Verletzung schon abgeholt. Da ich das schon öfter gesehen habe, dass diese Typen auf (ehemals) prostituierte Frauen anspringen – welche Muster da ineinandergreifen, das wäre mal einen eigenen Text wert, Stichwort: „toxische Personen / Narzissten treffen auf traumatisierte Frauen“ –, habe ich hier mal ein paar rote Flaggen gesammelt, die definitiv ein Anzeichen dafür sind, dass Du als (ehemals) prostituierte Frau die Diskussion verlassen kannst und solltest. Die erste und einzige Regel lautet: Diskussionen mit einem Betroffenen-Bullshitter bringen nie was. Nie. …

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Wie ich in die Prostitution eingestiegen bin – und wie ich meine Illusionen verloren habe

Autorin: Mimi //   Meinen ersten Freier hatte ich mit Anfang 20. Ich hatte seit Jahren massive Probleme meine Sexualität auszuleben, aber fand keinen Zusammenhang zu den sexuellen Übergriffen in der Vergangenheit. Sex war für mich immer ein Leistungsfach, etwas, was ich zu erfüllen hatte, nicht nur ein bisschen, sondern ganz hervorragend. Das war mein eigener Anspruch gewesen. Mein erster Freund erpresste mich mit Liebesentzug, wenn ich mal keine Lust hatte. Also hatte ich immer Lust. Er wusste, dass ich es nicht aushalte, wenn er mich ignorierte und tagelang links liegen lies, wenn ich mal wieder nicht mit ihm schlafen wollte. Warum ich ihn nicht verließ? Diese Logik war mir einfach nicht vorhanden. Er kümmerte sich doch um mich, er kochte mir Kaffee, er nahm mich mit zu Freunden, er schien sich irgendwie für mich zu interessieren. Vorausgesetzt, ich war mit ihm vorher im Bett gewesen. Ich war abhängig von ihm und nicht in der Lage mein eigenes Leid zu beenden. Als ich fortzog von zuhaus, zum Studium, war mein Leben schon ein viel besseres …

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Prostitution und Scham

Autorin: Mimi //   Viele Frauen, denen ich in der Prostitution begegnet bin, haben Probleme, das Leben außerhalb zu bewerkstelligen. Das klingt im ersten Moment nicht positiv, doch so ist es nichtmal gemeint. Gemeint ist eher, dass wir Frauen  essentielle Erfahrungen, unseren Selbstwert betreffend, einfach nicht gemacht haben. Vielen ist gemein, dass sie aus schwierigen Elternhäusern und Heimen kommen, Gewalt und Missbrauch erlebt haben. Die Aufarbeitung wurden ihnen lange Jahre verwehrt und die Überlebensmechanismen erschweren einen Zugang zu traumatischen Erfahrungen. Doch was hält die Frauen dann in einem System, was ihnen offenkundig mehr schadet denn nützt? Diese Frage lässt sich nicht leicht beantworten und ist immer ein Mix aus indivuellen Entscheidungen und Prozessen. Neben den zahlreichen Varianten der erfahrenen Gewalt in der Vergangenheit und Gegenwart, sowie destruktiven  Beziehungserfahrungen, Lebensproblemen und Geldmangel, ist in vielen Fällen auch ein fehlender Selbstwert ein Faktor, weiterhin anzuschaffen als auszusteigen. Als ich ein kleines Mädchen war, war ich ängstlich und unselbständig. Ich hatte vor allem Angst. Vor der Kita, vor anderen Kindern, auch Angst, den Anforderungen nicht zu genügen. Man …

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